Ein Heilkraut mit reicher Tradition
Mit ihrem erfrischenden zitronigen Duft kommt die Melisse oder Zitronenmelisse bei Menschen und Bienen gut an. Sie erfreut das Gemüt und hilft bei nervöser Unruhe, Verdauungsschwierigkeiten sowie anderen Beschwerden. Ihr angenehmes Aroma und ihre gesundheitsförderlichen Eigenschaften machen sie weltweit zu einer der beliebtesten Heil- und Gewürzpflanzen. Ursprünglich in wärmeren Gefilden beheimatet, fand die Melisse seit dem Mittelalter auch in heimischen Kräutergärten ihren festen Platz. Der Anbau dieses ausdauernden Krauts zu medizinischen Zwecken hat in Österreich und Mitteleuropa ebenfalls bereits eine lange Tradition. In diesem Blogbeitrag wollen wir dem heilkräftigen Gewächs, das Paracelsus (1493/94–1541) einst „die beste Pflanze für das Herz“ nannte, nun besondere Aufmerksamkeit schenken.
Der Ursprung der Melisse liegt vermutlich in Westasien und im östlichen Mittelmeergebiet. Seit langem wird sie in Österreich und ganz Mitteleuropa sowie in West- und Osteuropa kultiviert. Insbesondere im Mittelmeerraum bis hin zum Alpenvorrand wächst die Zitronenmelisse ausgewildert an Hecken, Mauern und Ruderalstellen. Grundsätzlich stellt die Pflanze keine hohen Ansprüche an den Boden. Als Kulturpflanze oder wild wachsend findet sie sich daher überall in den gemäßigten und warmen Regionen der Welt.
Das ausdauernde Kraut ist zwischen 30 und 70 cm hoch und spärlich behaart. Es bevorzugt sandigen bis lehmigen Boden und ist relativ trockenresistent. Unter optimalen Bedingungen kann die stark verästelte Pflanze 25 bis 30 Jahre alt werden. Die Melisse besitzt – wie es für Lippenblütler typisch ist – einen vierkantigen Stängel, an dessen Ecken die Ölgänge verlaufen. Ihre kreuzgegenständig angeordneten Blätter sind gestielt sowie kerbig gesägt und haben eine stark ausgeprägte Nervatur an der Unterseite. Sie verfügen über feine Drüsen, welche die intensiven Duftstoffe absondern.
Die meist gelblich-weißen Lippenblüten der Zitronenmelisse sind zwittrig und stehen in den oberen Blattachseln in Scheinquirlen. Sie blühen von Juni bis August. Zur Fruchtreife bilden sich 1,5 bis 2 mm große kastanienfarbene Nüsschen, die Teil einer Klausenfrucht sind. Üblicherweise findet die Ernte der Melissenblätter vor der Blüte statt. Anschließend werden diese sorgfältig getrocknet und rasch weiterverarbeitet, sodass die kostbaren Wirkstoffe nicht verloren gehen.
Ein weiteres wesentliches Anwendungsgebiet der Melisse sind funktionelle Magen-Darm-Beschwerden. Dabei kommen die krampflösenden und blähungstreibenden Eigenschaften des Heilkrauts zum Tragen. Die Zitronenmelisse beruhigt das vegetative Nervensystem des Verdauungstraktes, lindert Magen- und Gallenbeschwerden und beruhigt überreizte Verdauungsorgane. Bewährt hat sie sich besonders bei „nervösem Magen“.
Gut dokumentiert ist außerdem die antioxidative und antimikrobielle Wirkung der Melisse. Äußerlich angewandt sind deshalb beispielsweise Salben zur Behandlung von Herpes labialis im Einsatz. Die antibakterielle Wirkung des ätherischen Öls wurde zum Beispiel gegen Brucella abortus oder Viridans-Streptokokken nachgewiesen. Melissenextrakte sind in einer Vielzahl von Fertigpräparaten enthalten, darunter viele namhafte Beruhigungsmittel, krampflösende Mittel sowie Grippemittel.
Abseits der Medizin spielt die Zitronenmelisse als Gewürzpflanze in der Kulinarik eine tragende Rolle. Mit ihren duftenden Blättern verfeinert und verschönert sie Süßspeisen und Getränke. Gelegentlich aromatisiert sie deftigere Gerichte mit Fisch und Huhn. Alkoholische Auszüge auf Basis des legendären Karmelitergeistes erfreuen sich ebenfalls großer Beliebtheit. Derartige Destillate werden beispielsweise zur Bekämpfung erster Erkältungssymptome getrunken. Der hohe Alkoholgehalt soll die stimmungsaufhellende Wirkung des Heilkrauts zusätzlich fördern. Zur äußerlichen Anwendung ist die Melisse obendrein oft in den Zutatenlisten entspannender Badezusätze zu finden.
*Dieses Arzneimittel ist ein traditionelles pflanzliches Arzneimittel, das ausschließlich auf Grund langjähriger Verwendung für die genannten Anwendungsgebiete registriert ist. Über Wirkung und mögliche unerwünschte Wirkungen informieren Gebrauchsinformation, Arzt oder Apotheker.
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