Dezember 04, 2024

Mädesüß (Filipendula ulmaria)

Die heilkräftige Wiesenkönigin

Als „Königin der Wiese“ zieht das Mädesüß alle Blicke auf sich. Mit seinen zarten cremefarbenen Blüten überragt es viele andere Wiesenpflanzen und verleiht den Landschaften Europas einen Hauch von Eleganz. Doch die bis zu 200 cm hohe Staude ist nicht nur eine Augenweide, sondern punktet obendrein mit heilkräftigen Inhaltsstoffen. Neben Holunder, Spitzwegerich und Co. ist das Rosengewächs daher besonders in der Erkältungszeit gefragt. Bei welchen Beschwerden Mädesüß sonst noch helfen kann, was die Pflanze mit Aspirin zu tun hat, und vieles mehr erfahren Sie im folgenden Beitrag.


Herkunft und Botanik


Die Gattung Mädesüß (Filipendula), die der Familie der Rosengewächse angehört (Rosaceae), umfasst weltweit etwa 15 Arten. Diese sind mehrheitlich in den Regionen der nördlichen Hemisphäre heimisch. Lediglich zwei von ihnen sind in Europa und Österreich anzutreffen: das Kleine Mädesüß (Filipendula vulgaris) und das Große oder Echte Mädesüß (Filipendula ulmaria). Beide Arten werden in der europäischen Volksheilkunde genutzt, das Kraut und die Blüten des Echten Mädesüß sind heute als Arzneimittel anerkannt.

Das Große oder Echte Mädesüß (Filipendula ulmaria) ist von der Mongolei über Ost-Sibirien bis nach Mittel- und Nordeuropa, inklusive Großbritannien, zu finden. Früher wurde die Pflanze der botanischen Gattung Spiraea zugeordnet, die auf das lateinische Wort spira („Spirale“) zurückgeht und sich auf die spiralig gedrehten Früchte des Mädesüß bezieht. Als Spiraea ulmaria fungierte das salicylsäurehaltige Gewächs als Namenspate für eines der weltweit bekanntesten Arzneimittel – das Acetylsalicylsäure-Präparat Aspirin. Heute gilt das Mädesüß als eigene Gattung mit dem Namen Filipendula, welcher sich aus den Wörtern filum („Faden“) und pendulus („hängend“) zusammensetzt. Die Artbezeichnung ulmaria nimmt Bezug auf die Blätter des Mädesüß, die jenen der Ulme ähneln.

Um die Herkunft der deutschen Bezeichnung „Mädesüß“ ranken sich verschiedene Theorien. Trotz des lieblichen und grazilen Erscheinungsbildes der Pflanze steht jedenfalls fest, dass ihr Name nichts mit dem „süßen Mädchen“ zu tun hat. Im Englischen trägt sie den Namen meadowsweet, der sich auf die Wiese bzw. Weide bezieht. So könnte das deutsche Mädesüß ebenfalls von mede („Grasland“) kommen. Möglich ist außerdem, dass der Name mit dem Honigwein Met zu tun hat, der mit den Blüten der Pflanze gesüßt wurde.

Die mehrjährige Staude wächst an feuchten Wiesen sowie Bachufern und Gräben. Sie erreicht eine Wuchshöhe von 50 bis 200 cm und verfügt über einen aufrecht wachsenden, derben Stängel. Ihre am Rand gekerbten bis gesägten Blätter sind an der Unterseite leicht weißlich bis silbrig behaart und wechselseitig angeordnet. Die trichterrispigen Blütenstände des Rosengewächses enthalten mehrere Einzelblüten mit gelblich-weißer bis cremeweißer Krone und zahlreichen Staubblättern. Seine Blüten zeichnen sich durch ihren angenehmen, honig-, vanille- bis mandelartigen Duft aus. Nach der Blütezeit, die sich in Mitteleuropa von Juni bis August erstreckt, bildet das Mädesüß kleine, ledrig harte Nüsschenfrüchte.

Geschichte


Seit langem ist das Mädesüß in Europa bekannt. Zusammen mit Eisenkraut und Wasserminze galt es bei den keltischen Druiden als heilig. Der griechische Arzt Dioskurides, der im 1. Jahrhundert n. Chr. im Römischen Reich tätig war, beschrieb die harntreibende Wirkung der Pflanze. Als Heilkraut hat das Rosengewächs allerdings keine mit anderen europäischen Arzneipflanzen vergleichbare lange Tradition. Die medizinische Verwendung wurde erst ab dem Mittelalter ausführlicher beschrieben, erstmals Mitte des 12. Jahrhunderts in der Circa instans. Diese Sammlung früher Drogenmonografien der Medizinschule von Salerno ist auch als De simplicibus medicinis („Von den einfachen Arzneimitteln“) bekannt.


Im Mittelalter gehörte das Mädesüß neben den Minzen, dem Lavendel und dem Thymian zu jenen Pflanzen, die als sogenannte „Streukräuter“ verwendet wurden. Die Menschen streuten sie als Duftstoffe frühmorgens auf den Boden und kehrten sie abends wieder weg. So sorgten sie für einen angenehmen Geruch und hielten Flöhe fern. Sogar die englische Königin Elisabeth I. (1533-1603) wusste den Duft von Mädesüß zu schätzen. Aufgrund der vanilleartigen Duftnote nutzt man die heutige Heilpflanze einst oft, um Wein, Bier und Met zu aromatisieren.


Gerne wurde das Mädesüß in früheren Zeiten als entwässerndes und adstringierendes Mittel, bei Durchfallerkrankungen, rheumatischen Beschwerden und Blutkrankheiten eingesetzt. Im 17. Jahrhundert empfahl der englische Arzt Nicholas Culpeper (1616-1654) die in Wein ausgekochten Blüten zur äußeren Anwendung bei Kolikpatient*innen. In der europäischen Volksheilkunde finden die Blüten der Staude oft im Zuge von Blutreinigungskuren Verwendung. Anders als in Nord- und Mitteleuropa wurde das Mädesüß in Russland vorwiegend äußerlich zur Unterstützung der Wundheilung genutzt. Das Kleine Mädesüß wiederum wurde dort bereits früh als Mittel gegen Atemlosigkeit, Halsentzündungen, Magenbeschwerden und Nierenprobleme gebraucht.


Wirkstoffe von Mädesüß


Filipendula ulmaria ist reich an wertvollen Inhaltsstoffen, darunter rund 0,3 bis 0,5 % einfache Phenolglykoside. Aus diesen entstehen nach der Trocknung und Lagerung ätherisches Öl mit Salicylaldehyd und Salicylsäuremethylester – einem Verwandten des Aspirin-Wirkstoffs Acetylsalicylsäure (ASS) – als Hauptkomponenten.

Generell ist der Gehalt an Salicylaldehyd und Salicylsäuremethylester in den Blüten des Mädesüß höher als im Kraut. Daher haben sie für gewöhnlich eine intensivere Wirkung. Ebenfalls im ätherischen Öl enthalten sind genuin flüchtige Monoterpene wie Linalool und Geraniol.

Ferner weisen Mädesüßblüten etwa 3 bis 6 % Flavonoide auf. Das Kraut enthält circa 10 % Gerbstoffe (Ellagitannine und Gallotannine) und Schleimstoffe. Weitere Inhaltsstoffe sind unter anderem Vitamin C (Ascorbinsäure) sowie Tocopherole.

Wie schmeckt Mädesüß?


Generell zeichnet sich das Mädesüß durch einen eher bitteren Geschmack aus. Durch die enthaltenen Ellagitannine wirkt es adstringierend. Wie bereits zuvor erwähnt, weist das Rosengewächs einen angenehmen, leicht vanilleartigen Geruch auf. Dieser rührt vom Salicylsäuremethylester her.

Mädesüß Wirkung und Anwendung


Arzneilich verwendet werden die Blüten (Spiraeae flos) und das Kraut (Spiraeae herba) des Mädesüß. Sobald sich die Blüte voll entfaltet hat, wird zu diesem Zweck der obere Teil der Pflanze geerntet. Diese und andere Bestandteile des Rosengewächses kommen hin und wieder in der Kulinarik zum Einsatz, insbesondere in der französischen Küche. Die Wurzeln und jungen Triebe werden beispielsweise als Wildgemüse genutzt, während die Blüten zum Aromatisieren von alkoholischen und alkoholfreien Getränken sowie Gelees Verwendung finden.

In Europa gilt das Mädesüß als typische Teedroge. Phytopharmaka, die Blütenextrakte enthalten, sind selten erhältlich. Arzneitees mit Mädesüß werden vorwiegend bei fieberhaften Erkältungserkrankungen empfohlen. So beinhaltet unser DR. KOTTAS Grippe-Erkältungstee* neben anderen bewährten Kräutern wie Holunder, Lindenblüten und Eibischwurzel auch Mädesüßblüten. Dabei kommen vor allem die schweißtreibenden und entzündungshemmenden Eigenschaften der Pflanze zum Tragen. Im Rahmen sogenannter Schwitzkuren bei beginnenden Erkältungen kann das Mädesüß ebenfalls eine gute Unterstützung darstellen.

Die antiinflammatorische Wirkung des Mädesüß konnte inzwischen im Zuge verschiedener In-vitro- und In-vivo-Untersuchungen dokumentiert werden. Vielversprechende Belege gibt es für antirheumatische und schmerzstillende Effekte. Frühere Studien zeigten zum Beispiel, dass Arten der Gattung Filipendula Schmerzen reduzieren und Entzündungsprozessen entgegenwirken könnten. Laut HMPC (Committee on Herbal Medicinal Products), dem Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA), eignet sich die Droge zur unterstützenden Behandlung von leichten Gelenksbeschwerden. In der Volksheilkunde wird sie seit langem bei rheumatischen Beschwerden der Gelenke und Muskulatur verwendet.

Für viele andere Eigenschaften, die der Pflanze zugeschrieben werden, gibt es hingegen noch keine belastbaren Belege. Ebenso wurden die Wirkmechanismen bei diesem Rosengewächs nicht umfassend erforscht. Unter anderem wird dem Mädesüß etwa eine harntreibende Wirkung nachgesagt. Aus diesem Grund findet das Heilkraut bei Nieren- und Blasenbeschwerden in der Volksmedizin Verwendung. Wohl aufgrund der reichlich enthaltenen Gerbstoffe wird Mädesüß gerne bei Durchfallerkrankungen – insbesondere bei Kindern – eingesetzt.


Nebenwirkungen


Mädesüß gilt im Wesentlichen als gut verträglich. Aus der langjährigen Anwendung und Forschung sind keinerlei Nebenwirkungen bekannt. Bei bekannten Überempfindlichkeiten oder Allergien gegen Salicylate ist jedoch Vorsicht geboten. In diesen Fällen sollte die Droge nicht angewendet werden.



*Dieses Arzneimittel ist ein traditionelles pflanzliches Arzneimittel, das ausschließlich auf Grund langjähriger Verwendung für die genannten Anwendungsgebiete registriert ist. Über Wirkung und mögliche unerwünschte Wirkungen informieren Gebrauchsinformation, Arzt oder Apotheker.



Quellen:
AGES (2024). Mädesüß (Link= https://www.ages.at/mensch/arzneimittel-medizinprodukte/heilpflanzen/maedesuess, zuletzt aufgerufen am 25.11.2024)
Bäumler, S. (2021). Heilpflanzenpraxis Heute. Arzneipflanzenporträts, 3. Auflage, München.
Blaschek, W. (Hrsg.) (2016). Wichtl – Teedrogen und Phytopharmaka: Ein Handbuch für die Praxis, 6. Auflage, Stuttgart.
Farzaneh, A., Hadjiakhoondi, A., Khanavi, M., Manayi, A., Bahramsoltani, R. & Kalkhorani, M. (2022). Filipendula ulmaria (L.) Maxim. (Meadowsweet): a Review of Traditional Uses, Phytochemistry and Pharmacology. Research Journal of Pharmacognosy, 9(3), 85–106. https://doi.org/10.22127/rjp.2021.302028.1781
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Samardzic, S., Arsenijevic, J., Bozic, D., Milenkovic, M., Tesevic, V., & Maksimovic, Z. (2018). Antioxidant, anti-inflammatory and gastroprotective activity of Filipendula ulmaria (L.) Maxim. and Filipendula vulgaris Moench. Journal of Ethnopharmacology, 213, 132–137. https://doi.org/10.1016/j.jep.2017.11.013
Shilova, I. V., Krasnov, E. A., Korotkova, E. I., Nagaev, M. G., & Lukina, A. N. (2006). Antioxidant properties of extracts from the above-ground parts of Filipendula ulmaria. Pharmaceutical Chemistry Journal, 40(12), 660–662. https://doi.org/10.1007/s11094-006-0214-4
Stern, C. (2016): Vergessene Schmerzpflanze: Echtes Mädesüß. Deutsche Heilpraktiker-Zeitschrift 2016:11(01): 52-54.

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