September 20, 2024

Was bedeutet Arzneibuchqualität?

Interview mit Dr. Oliver Vendl

Wenn es um Heilkräuter geht, ist Wirkung keine Frage des Zufalls. Als Pharmaunternehmen unterliegen wir den hohen Anforderungen des Europäischen Arzneibuchs. Nur durch diese kann die gewohnte Qualität und Wirksamkeit unserer Arzneitees gewährleistet werden. Dr. Oliver Vendl ist der Leiter der Qualitätssicherung bei KOTTAS Pharma und Mitglied in der Expertengruppe des Österreichischen Arzneibuchs. Im Interview erklärt der Experte für Wirkungen und Inhaltsstoffe von Teedrogen, was sich tatsächlich hinter dem Begriff „Arzneibuchqualität“ verbirgt.



Im Zusammenhang mit den Tees von DR. KOTTAS ist immer wieder von der sogenannten „Arzneibuchqualität“ die Rede. Was genau kann man sich darunter vorstellen?


Das Europäische Arzneibuch legt für Arzneistoffe strenge Qualitätsstandards fest, die in ganz Europa und sogar darüber hinaus gelten. Für die wichtigsten Kräuter wird darin klar definiert, welche Eigenschaften diese im Hinblick auf die Aspekte Reinheit, Identität und Wirkstoffgehalt aufweisen müssen. Am wichtigsten ist für die pharmazeutische bzw. medizinische Anwendung die Wirksamkeit einer Arzneidroge, die maßgeblich von den jeweiligen Inhaltsstoffen abhängt. Laut Europäischem Arzneibuch müssen bestimmte Kräuter beispielsweise einen Mindestgehalt an ätherischem Öl aufweisen, damit sie arzneilich verwendet werden dürfen. Um festzustellen, ob alle im Arzneibuch festgeschriebenen Kriterien erfüllt werden, müssen die Kräuter aufwendigen Laborprüfungen unterzogen werden. Wenn ein Produkt Arzneibuchqualität hat, bedeutet das nichts anderes, als dass mittels bestmöglicher Prüfung festgestellt wurde, dass es für die Heilanwendung als pflanzliches Arzneimittel eingesetzt werden kann.



Auch an Bio-Produkte stellt der Gesetzgeber hohe Anforderungen. Worin besteht der Unterschied zwischen Arzneibuchqualität und Bio-Qualität?


Bei Bio-Zertifizierungen geht es vorrangig um die Anbaubedingungen und die Herkunft, während bei Arzneimitteln die Wirksamkeit im Vordergrund steht. Natürlich können auch Bio-Produkte den Anforderungen des Arzneibuchs entsprechen. Wenn sie vorher entsprechend geprüft wurden, können sie beispielsweise in Arzneitees enthalten sein. Weil Bio-Siegel aber nichts über die Wirkung von Kräutern aussagen, dürfen diese Kennzeichnungen bei Arzneimitteln allerdings nicht verwendet werden.



Als „bio“ dürfen demnach ausschließlich Lebensmitteltees bezeichnet werden. Daneben findet sich auf vielen Verpackungen der Begriff „Apothekenqualität“.


Diese Bezeichnung können wir für all unsere KOTTAS Kräuterprodukte verwenden, denn wir prüfen sie ebenso umfangreich, wie dies bei unseren Arzneitees der Fall ist. Auch unsere Lebensmitteltees werden im Labor überprüft, bevor sie in Apotheken, in unserem Detailgeschäft oder im Webshop verkauft werden.

Zurück zum Europäischen Arzneibuch: Wer legt diese Kriterien überhaupt fest und für wen gelten sie?


Die Europäische Arzneibuch-Kommission ist ein Organ des Europarates, welches sich aus Experten der einzelnen nationalen Delegationen zusammensetzt. Sie definiert die Standards für die Herstellung von Arzneimitteln in den Mitgliedsländern. Beim Europäischen Arzneibuch handelt es sich um eine Sammlung sogenannter Monografien, also Steckbriefe der einzelnen Pflanzen. In diesen wird genau festgehalten, welche Prüfungen durchgeführt werden müssen, um beispielsweise die Eignung einer Pflanze für die Heilanwendung zu garantieren. Diese Vorgaben gelten für alle Pharmaunternehmen und nicht nur Arzneipflanzen, sondern auch chemische Stoffe sind in Monografien beschrieben. Im Lebensmittelbereich herrschen im Gegensatz dazu andere Standards vor. Dort geht es in erster Linie um die Sicherheit der Konsumenten. Dieser Aspekt spielt selbstverständlich auch bei Arzneimitteln eine zentrale Rolle, die Anforderungen gehen aber wesentlich darüber hinaus.



Können Sie dafür ein Beispiel nennen?


Pfefferminztee wird im Allgemeinen oft und gerne getrunken. Obwohl Arzneitees aus Pfefferminzblättern unter anderem bei Verdauungsstörungen eingesetzt werden, handelt es sich beim überwiegenden Teil der Pfefferminztees um einfache Lebensmittel. In diesem Bereich ist das Aroma ein wesentliches Kriterium. Damit der Tee tatsächlich nach Pfefferminze schmeckt, ist ein Anteil an ätherischen Ölen von 0,6 % vorgeschrieben. Beim Arzneitee hingegen steht die Wirkung im Vordergrund. Daher liegt der gesetzlich festgelegte Mindestgehalt an ätherischem Öl bei Pfefferminztee in Arzneibuchqualität bei mindestens 1,2 % in den ganzen und 0,9 % in den geschnittenen Blättern. Wenn es um die Wirksamkeit von Heilpflanzen geht, kann diese nur durch die Anforderungen des Arzneibuches gewährleistet werden.



Das ätherische Öl entscheidet also darüber, wie wirksam eine Arzneidroge ist?


Bei der Pfefferminze gilt das ätherische Öl als der wirkungsbestimmende Inhaltsstoff. Das ist in der entsprechenden Monografie so festgelegt. Jedoch lässt sich das nicht pauschal für alle Kräuter behaupten, die Anforderungen unterscheiden sich von Pflanze zu Pflanze. Bei der Melisse galt früher der Gehalt an ätherischem Öl als für die Wirkung maßgeblich. Dann hat sich herausgestellt, dass die Rosmarinsäure – die nicht im ätherischen Öl enthalten ist – von mindestens ebenso entscheidender medizinischer Bedeutung ist. Das Wunderbare an Heilpflanzen ist, dass ihre Wirkung sich oft aus dem Zusammenspiel vieler Komponenten ergibt und man keinen einzelnen Stoff oder eine Stoffgruppe allein dafür verantwortlich machen kann. Und dann gibt es nach wie vor noch einige Pflanzen, bei denen die Wirkmechanismen bis heute nicht vollends bekannt sind.



Die Standards, denen die Kräuter gerecht werden müssen, sind sehr hoch. Wo findet man Pflanzen, die diesen Kriterien entsprechen? Muss man sie gezielt anbauen?


Einige Kräuter müssen wild gesammelt werden, weil sich der Anbau für die Landwirte aufgrund der geringen Nachfrage nicht rentiert. Andere wiederum müssen angebaut werden, um den großen Bedarf abzudecken. In beiden Fällen ist es wichtig, mit erfahrenen Partnern zusammenzuarbeiten. Beim Anbau von Heilpflanzen müssen zum Beispiel im Hinblick auf den Zeitpunkt der Ernte die Vorgaben des Arzneibuchs berücksichtigt werden. Gleichermaßen erfordert das Sammeln wild wachsender Kräuter Erfahrung und Expertise. Um den Bestand zu erhalten, ist nachhaltiges und sorgsames Vorgehen gefragt.



Herr Dr. Vendl, vielen Dank für das Gespräch!

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